Die 1. Guuggenmusig

Unzählige Guuggenmusigen beleben überall die Fasnacht – in Luzern, der gesamten Schweiz und auch im nahen Ausland. Guuggenmusigen sind nicht mehr weg zu denken und sorgen mit den kakaphonischen Klängen stets für gute Stimmung.
Wie es zum Phänomen Guuggenmusig kam und ob Luzerner oder eben doch die Basler die erste Guuggenmusig initiert haben, auf diese Fragen gibt der folgende Textauszug aus dem Buch „Faszination Luzerner Fasnacht, Band I: Die Guuggenmusigen“ Auskunft:

Als die erste Guuggenmusik zu schränzen begann…

Der Tambourenverein Luzern am Güdismontag 1913 – bereits damals voll maskiert
Der Tambourenverein Luzern am Güdismontag 1913 – bereits damals voll maskiert

Vierzig Jahre sind – von streng geschichtlicher Warte aus betrachtet eine ganz, ganz kleine Zeitspanne. Kaum der Rede wert. Gelegentlich soll es aber vorkommen, dass während vier Jahrzehnten eine Entwicklung stattfindet, die entscheidende Veränderungen mit sich bringt und Bestehendes auf bemerkenswerte Weise zu beeinflussen vermag. Der Dekorateur und Ausstellungsgestalter Sepp Ebinger (t 18. September 1983), mit imponierender Körpergrösse und markantem Schnauz im Luzerner Stadtbild unübersehbar, war sich 1948 keineswegs bewusst, was er einläutete, als er spontan – zusammen mit seiner ebenso temperamentvollen wie fantasiebegabten Gattin Erika sowie einigen Getreuen – die erste echte Luzerner Guuggenmusig auf die Beine stellte.

Das war für Luzern etwas ganz Neues. Zwar zogen wir als Buben – und auch jene Mädchen, die gelegentlich so gerne Buben gewesen wären – mit Kuhhörnern, die wir im alten roten Schlachthaus an der Reuss für wenig oder gar kein Geld erhalten haben, durch Strassen und Gassen, um den Wintergeistern den Garaus zu blasen. Zuvor allerdings mussten diese noch gefällten Hörner in Mutters Küche ausgesotten werden, was zuweilen mit viel Gestank und ebensoviel elterlichem Verständnis verbunden war. Einmal ausgehöhlt, hiess es das spitze Ende absägen und das Horn durchbohren, um eine Öffnung für das Blasen zu erhalten. Wer über genug Lungenkapazität verfügte, der brachte urweltliche Töne aus diesem Naturinstrument. Wer weniger „Pfus» besass, der steckte ein Trompeten- oder Posaunenmundstück in das Kuhhorn und los ging’s an die Tagwache. Mit Guuggenmusig hatte dieses schauerliche «Geguugge» noch gar nichts zu tun. Ebenso wenig wie die «Chatzämüüsig» von Altdorf, deren Ursprung ins Jahr 1871 zurückverfolgt werden kann. Zwar ist die «Chatzämüüsig» noch älter, doch cius dem Beginn der 70er Jahre stammt der berühmte Reveille-Marsch, der Melodie und Rhythmus harmonisch vereinigt und einen strengen, dreiteiligen Aufbau besitzt.

Eine Guuggenmusig ist die «Chatzämüüsig» nicht! Ebenso wenig wie jene kleinen Formationen, die vor 1948 ohne Masken, dafür gelegentlich mit umgekehrten alten Kitteln etwa in den Beizen einzutreffen waren und hier zur Freude der Gäste aufspielten. Einer, der mit einer kleinen Gruppe von Musikanten herumzog, war Malermeister Harry Bühlmann, ein Virtuose auf der Handharmonika. Zur Gründung einer eigentlichen Guuggenmusig brauchte es den Guugger-Urvater: Josef «Sepp» Ebinger.

Wenn das auch nicht allen in den Kram passt, es ist Tatsache: Basler, die ja immer mit uns Luzernern um die schönere, grössere und originellere Fasnacht wetteifern, sind die eigentlichen Initianten der Luzerner Guuggenmusigen. Als 1946, bereits ein Jahr nach Ende des Zweiten Weltkrieges, in Luzern die Tradition des grossen Fasnachtsumzuges wieder aufgenommen wurde, begeisterte eine Basler Trommler- und Pfeifergruppe auf Einladung der Zunft zu Safran – während des damals noch durchgeführten Fritschispiels auf dem Kapellplatz die Zuhörer. 1948 marschierte dann erstmals eine Basler Guuggenmusig am Umzug mit. Basel kennt eine guuggenmusikalische Tradition, die bis ins letzte Jahrhundert reicht.

Quelle: Faszination Lozärner Fasnacht, Band I: Die Guuggemusigen, Hrsg. Luzerner Fasnachtsführer, Luzern 1988